Eigene Texte August 1991:

Eigene Texte August 1991
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Freitag, den. 16.8.1991 -4.32
Schnittpunkt. Es kreuzen sich. Verlust.
Annäherung. Der Versuch dazu. Die
letzten Jahre waren nicht genutzt
worden. Nicht als letzte erkannt,
oder als möglicherweise letzte empfunden
worden. Nun erst spät, vielleicht zu
spät erfolgen tastende Stimmen,
suchende Blicke mit den Fragen,
nach dem, was da ist, im anderen.
Sachte, manchmal sanft, klopfen
sie, und versuchen Ansatz-, bzw.
Aufsetzpunkte zu finden, im bisher
Erfahrenen, Konturen. Sitzen und
blicken, auf Töne der Vergangenheit
hinhorchend und mit Absicht keine
Öffnungen für die Zukunft aufreißen
wollend.

Sprechen, das auf Zeichen wartet, die sich
einstellen könnten. Und Schriftzeichen -
-2-
die unsere Gedanken füttern. Und
in denen später andere suchen werden
nach für sie wichtigen Inhalten. Sie
werden von der Vergangenheit lernen
wollen. Lernen vom anderen; die um
uns haben, von denen wir Nähe, Wärme
und Wissen bekommen könnten. Wie
dauernd Geschenke - nicht
wie Geschenke, gekaufte oder
ersteigerte. Sprachliche Welten,
die sich manchmal schneiden, die
daher einiges gemeinsam haben;
die andererseits allerdings getrennte
Wege begehen und nicht erfahr-
bare, teil-bare Dimensionen schaffen,
es sei denn, daß auch die von den
jeweils anderen beherrschte Sprache
übernommen würde. Sympathie - Empathie
- Verstehen scheinen da zu sein, ohne
daß sie jemals direkt von uns erwähnt wurden.

5.02
Ein rotes T-shirt ging vorbei: Say
yes to Michigan. Wie oft mag der
Träger wohl 'ja' dazu gesagt haben
- und wie sehr. Heißt ja für ihn,
daß er für immer hier im Staate, oder wo-
möglich gar in dieser Stadt bleiben
würde, egal, was kommt. Daß er
bewußt viele Produkte kauft, die
hier hergestellt werden. Mit Leuten
verkehrt, die von hier kommen, die hier
leben. Yes or no. Die Kultur der
T-shirts. Lernen. Informieren. Lehren.
Freier Markt. Freie Wirtschaft.
Freien Lauf lassen und abwarten,
was dabei herauskommen mag. Oder:
Ein bißchen Glaube an die Wirkung
von ein klein wenig Aktivismus.

Choice. Choice. Und viele einfarbige
ohne 'Aufkleber'. Die meisten. Heute
wenigsten.

21.8.1991 -16.57
Coup. Eine unsichere Zukunft. Dort
und für Verwandte hier.
Volleyball. Internationale Verständigung.
Gar manche Bindungen entstehen, einfach
durch Spielen.
Eine wichtige, eher eine schwere
Operation. Warten, bis sie überstanden
ist. Lächeln, begleitet von Ernst.
Ein Job oder nicht. Versicherung -
ja - nein. Mangel an Geld. Ein Inter-
view. Angebotene Arbeit. Visaprobleme.
Unsicherheit. Hierbleiben. Zurückgehen
oder woandershin. Streß. Es schlägt
hinter der Stirn. Angespannt sind
die Stränge - verborgen unter der Fassade
des Gesichts.
Ein Blutgefäß war im Auge geplatzt.
Lief das Blut dauernd. Startete es
erneut. Mangelnder Schlaf und vieles,
-2
vieles Wälzen. Eine anstrengende
Party. Wechselndes Wetter, mitten
im Sommer. Punktuelle Blindheit
kann sich durch Vernarben ein-
stellen. Das vergeht einfach.
Mischungen von Sicherheit. Wägen -
wiegen. Was sagt das Kristall.
Der Coup ist gescheitert. Eine positive
Entwicklung......

Di., den 27.8.1991
Es ist 13.28. Feuchtigkeit liegt über der
Stadt und den Leuten. Alte Gegenwart
versucht, Touristen und ähnliche Wanderer
zurückzuversetzen. Frankreich in Form
von Cafes und vereinzelt Eleganz.
Es scheint die Zeit der Japaner zu
sein, in großen Gruppen sind sie
unterwegs. Alle Generationen - viele, die
vielleicht zum ersten Mal in ihrem
Leben sich so eine Reise leisten
können. Nebenan, auf der anderen Seite
der Rue du Fort, umrahmt von Touristen
und Einheimischen, die sich auf der
modernen, dreieckigen, schwarz gestrichenen
Bank ausruhen. Von links kommen
Leute, die erschöpft die Treppen vom
Quarter Champlain heraufgestiegen sind
und - wie ich - nicht den Funiculaire
benutzt haben: die Art Lift. Mein Blick
-2-
fällt immer wieder auf das imposante
Schloß Frontenac, das eigentlich
weder alt noch neu aussieht, eher
renoviert. Graue, dunkle Wolken
bewegen sich langsam über die
Stadt. Woher kommen sie, aus
anderen Provinzen, aus den USA
oder aus verschiedenen ethnischen
Gruppen....Ein wenig blaue Farbe
schickt eine brennende Sonne auf
die Leute, hier im Cafe werden sie
voll erfaßt. Leider ist der Kellner
nicht in einen Zaubertrank von
Freundlichkeit gefallen. Musee du Fort.
Das zweite Molson kann schon langsamer fließen.

Di., den 27.8.1991
Kutschen. Weit offen...laden sie
ein. Die Busse bleiben auf bestimm-
ten Parkplätzen. Viele Leute der
mittleren Generation, kurzärmelig,
Hemd oder T-shirt. Ein Taxi. Budget
- PKW. Nationen erforschen die Stadt.
Einige Businessleute im Anzug.
Eine Frau aus der Bank durch-
streifte in der Mittagspause das
Quartier. Und wieder der Inhalt
eines Busses. Jetzt heißt es sitzen-
bleiben oder weiterlaufen, der Pflicht
oder dem Wunsche nachkommen
und - in der kurzen Zeit - noch
ein wenig mehr ansehen. 2 Teller
Suppe für den Kellner. Ob er sie
umsonst bekommt, ob davon
genügend oder zuviel bereitsteht.
In 'vereinfachtem' Französisch und dann
-2-
in 'besserem' Englisch die Frage,
was sie möchten, die 4 jungen
Japanerinnen. Schüchtern fragt eine
nach dem Preis für Kuchen, den
sie bestellen möchte. Mehr als 5
kanadische, das ist ihr doch zuviel.
Ich hörte ihr Lachen. Tja, nicht
alle Touristen sind gleich.

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Ohne Daten (Quebec)
Jahre. Erinnerungen an eine Reise.
Veränderungen in ihr. In uns allen.
Schock. Erschütterungen. Die Zeit, die
vergangen, Fotos und Gedanken, die
fast kaum verändert - die Nachricht,
daß sie verstorben sei. Ein schwerer
Unfall. So jung. Vor 12 Jahren.
Keine Tochter/Celine/. Verstorben.
Alle anderen Kinder sind verheiratet.
Eine Freundin noch, aber sie war
nicht mir ihr in Europa. Sie wissen,
eine Zeit lang noch, dann bleibt das
aus. Sie hieß ....nicht wahr?
Die Adresse, eine Karte der Citadelle
- .... Die Suche im Telefonbuch. Erst
nach ihrem Namen, dann nach der
Adresse. Vielleicht. Ja, es waren
Verwandte. Ihre Eltern! Die erste
Freude, das Haus ihrer Kindheit zu
-2-
sehen. Mehrere Autos. Welchen Klang
dieses Wort jetzt auslöst. Welche
Erinnerungen ich in ihnen wachgerufen
haben mag; wie schwach es war:
Je suis navre. Wenig nur es konnte
ihnen gut tun. Wach. Brennend. Oder
gute Erinnerungen, verbunden mit Sehn-
sucht, mit Gedanken und Bildern.
Wenn sie noch da wäre. 1 Jahr
hatte sie ihren Job nur gehabt,....
einige Jahre nach der großen Europa-
reise, mit vielen Eindrücken, tollen,
vielfältigen. Sie hatte angefangen,
Spanisch zu lernen. Ein netter
Freund. Angel. Farbe breitet sich
aus, über den Wörtern. Trauer.
Klassische Musik im Sender, wie von
jemand anders bestellt. Zeit zum
Verdauen. Zeit. Leben in einer kleinen
-3-
Stadt, in der Nähe von Quebec.
Nicht weit, bis zur Großstadt,
mit deren Leben und Gefahren.
Die Ruhe des Ortes. Hügelig. Verstreut
die Häuser, grün im grauen Sommer.
Triste. It hit close to home. Wie
im Englischen gesagt wird. Aber stärker.
anders. Die Erinnerungen. auf dem
Strand von damals. Unvorstellbar.
Vorher. Jetzt. Nicht mehr. Ich.
Könnte auch plötzlich verschwinden.
Weg sein für die anderen. Sollte
ich hier auf diesem Kontinent bleiben
oder zurück-kehren, zu ihnen und
den Freunden. Der Sommer, der eine
alte Wunde verschloß. Rückkehr
zu Wurzeln. Ein Kreis. Wie klingt
und wirkt 'zurück'. Weite. Distanz.
Hilfe. Oder durch Abwesenheit und
-4-
gedankliche Präsenz Gutes tun.
Vergangenheit schlägt auf die Zukunft
ein. Wühlt. Weckt. Ungewiß, und
doch Wärme.

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German-English Dictionary

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Klaus Tappe

Klaus Tappe
E-mail: tappe02@hotmail.com