Eigene Texte:

Eigene Texte
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Eigene Texte

14.1.1989 Fr.-Sa. 2.55
Wir werden wir, wenn viele Zutaten und
Gewürze zusammenkommen, von Überlegungen beim
Kartenspiel, gemischt mit Jubel oder ein wenig
Enttäuschung, über Neugierde vorm Fernseher,
leicht gedämpft bis leise und spannend,
und Versunkenheit auf dem Weg durchs
Studentengewühl, das sogar im Winter
leckere Kühle und kauende Sonnenringe
in unterschiedlichen Formen und Gewichten
der mal heitren, mal ernsten Backform zur
Aufnahme dient. Ein Löffel Schneeflocken, dann
ein Minisee unterm Reifen, die eigene Entdeckung
auf dem spiegelnden Boden....wir, was sind unsere
Zutaten, unsere Gedanken; nicht nur Worte, auch
nicht Gefühle, eher beides gemeinsam, was nicht
in Worte paßt. Und manchmal ertönt eine
Melodie, die Großvater sang, und Mutter, oder
auch Vater, und Tanten, andere Kinder und
das Radio. Ein Hauch von Plattenspieler, gefolgt
von sanften und schnellen Kassetten, ach und
vorher spielte an manchen Orten ein Tonband....
es spielte, gesungen wurde harter Rock, .....Zeit
ging spazieren, für manche von uns raste sie,
von Zeit zu Zeit, oder backte langsam, steigen
tat der Teig in luftigere Höhen; aus anderen
Jahreszeiten ein ausgleichend wiegender Rhythmus
wurde bald begleitet von Stoffen schwarz,
Sinn verbreitend, der Stück für Stück gegessen
wurde, einige spuckten, vergaßen, daß und was sie
gegessen haben, sei's Gras, eine Rose oder das Gegenteil
-2-
von Quiche. Selbst wenn wir Geschmack
entwickeln, ihn verfeinern, oder ohne Messer und
Gabel, mit Tischdecke und Kerze, ein Gramm
Bild, ein Ausschnitt aus dem neusten Super-ego
ist bei allen dabei, bei den Speisen, den essenden
Speisen.
------------Und vom Feinsten, vom weniger Feinen,
vom Apfel.,.und Schulterstück zum kleinsten
Körnchen, von allem ernähren wir uns täglich,
wenn Sein backt's Bewußtsein; wir alle dinieren
in Bildern, denken in Suppen und eine Art
Verstand spielt Koch.

Amadeus, Erinnerung an Länder, Sprachen
und Menschen werden wach, sprechen in
uns, während es sicher viele gibt, die wenig
dabei empfinden, die nur denken: ein Name
wie manch' andere Unbekannte. Fragen sie
sich, was das Wort wohl verbergen mag,
verbergen, nein, eher meinen sie Besitzver-
hältnisse, jemand oder etwas besitzt einen
Namen und nicht umgekehrt.
-------Oder Espresso Royale, für Leute, die im
Kaffee Reisen unternehmen, sich vom Geschmack
- begleitet oder nicht von Proustschen Regungen
und Lenkungen - auf den Wogen von Erinne-
rungen gar mancherlei Art, an Länder, die
vom Kaffee leben und die andere Länder
existieren lassen, an Wärme und Sonne, tragen lassen; und
es ist nicht nur europäische Cafekultur,
die von Thomas Bernhard so treffend beschrieben
wurde, dessen 'starke' Formulierungen auf
gar manche Gäste abstoßend wirken (können)
während andere nur eine sogenannte
Scheibe zu sich nehmen und sie auch etwas
genießen können, nein nicht nur europäische, unter ihnen
besonders französische, mit Bildern von
farbigen, wortreichen Zeitungs- oder Konver-
sationsmomenten getränkten Straßencafes, nein Bilder
Brasiliens, aus Rio und anderen Städten
tauchen aus der Oberfläche von Mokka,
-2-
Espresso und Capuccino auf, spiegeln sich,
ändern ihre Konturen, zeigen Möglichkeiten
und locken die angenehmen Düfte aus längst
vergessenen Winkeln unseres Gedächnisses
hervor.

Sun., April 16 -23.35
3 konkrete Personen im Sinn, in 2 Departments,
bei denen ich mich fragte, wie sehr sie von
dem Material, mit dem sie sich seit Jahr-
zehnten beschäftigt haben, beeinflußt, ja
geprägt wurden; und auch wie sehr trotz*
historischer Veränderungen, die täglich hin-
zukommen, eine gewisse Kontinuität im Denken,
Fühlen und Handeln besteht. Von Montaigne
bis ins 19.Jahrhundert, Montaigne und das
20., ein wenig Skepsis und etwas Zynismus,
einfaches Lächeln, ein Schuß Überlegenheit,
ein paar Orientierungspunkte zum Festhalten
und bei allen, mehr oder weniger, das
Halten zum Menschen,
-------zu welchem wird oft gefragt, mit
Recht, Worte, die bei und in uns sind, seit
den ersten Jahren, die uns formen; 2 Pole
fielen mir ein, die die Geschlechter und
die Menschheit so festlegen, Pole entwickelt
in gar mancherlei Situationen, Erfahrungen
mit Eltern*, Freunden, Freundinnen, Bekann-
ten und Unbekannten, Leuten um uns,......
-------Härte und Weichheit - wie sehr mögen
sie, mehr als andere......, und doch mit
Kontext, Persönlichkeiten, nett, brutal, zurück-
haltend, laut um sich greifend, usw.,
auch Beziehungen, Liebe, Ehen in ihrer
Essenz geschaffen haben und auch
weiterhin füllen, würzen und erfrischen.

Do., d. 20.April 1989 -16.40
Kaffee und immer wieder Kaffee, heiße
Schokolade mit einem krausen Ball Sahne
und jetzt Osaft. Der Preis spielt, wenn
überhaupt, nur in winzigen Mengen bei diesen
Entwicklungen mit. Die Gewohnheit hat sich
aus dem ursprünglichen, dem ersten Besuch
des Ortes und der Wahl jenes Augenblicks
herausgebildet; leicht und schnell wurde
sie vertraut, gar angenehm und ab und zu,
ein Fanatismus, ein Verlangen, das gestillt
werden mußte; im Begriffe, unsere eigene
Biographie zu wählen, auszufüllen, verwand-
delt sich oft eine Wahl in etwas, das schon
immer so gewesen zu sein scheint.
Tiefe - gar manche Leute mögen denken,
daß Intellektuelle Dinge auf dem Grunde
des Getränks entdecken, ja sich diesen
sogar entfernen können, um die Tiefendimen-
sion der Existenz und - in Ausnahmefällen -
der Erdkugel näher zu rücken. Die Intensi-
tät einer Mundfüllung Eis statt Tiefe,
wer hätte sie noch nicht gekostet, und
dann erst den Verlust von einer Sekunde
zur nächsten, verschlungen, auf Boden
oder Kleidung geparkt, geworfen oder
gar auf einem Tische in der Sonne
sich auflösen sehen - alt und jung fast immer im Spiel.

So., den 12.1.1992
Wir denken nur innerhalb, d.h. mit den
Worten unserer Sprache, und wenn unsere
Aufmerksamkeit - so wie es oft passiert - ein-
geschlafen ist, dann schießt es uns durch den
Kopf: ja, so ist es.er. sie. die Situation.
so würde die Zukunft sein. Mit ihm. ihr.
Keine Wachsamkeit. Kein Zweifel. Das
war so empfunden worden und bleibt nun.
Ein Eindruck ward das Urteil.

Ohne Daten - Winter 1992?
Eine Frau als Präsident.Eine Präsidentin
Ja.Ja. Von allen Seiten. In der Gruppe
standen nur Frauen. In einer anderen,
ein Mann. Zum Scherz. Mit etwas Ernst:
nein.
Möchtet ihr Präsidentin werden. Oder
Senatorin oder ....Nein, nicht so hoch.
Vielleicht ....Bürgermeisterin.
Sonst fließt nur Blut. Sie riechen
immer Blut. Zu oft. Zu sehr.
Aber die Vorstellung gefällt ihnen.
Auch die Männer haben Mütter.
Schwestern. Freundinnen. Nicht ganz
so starr sind ihre Grenzen. Ihre Bilder.
Indira. Golda. Margret.
Oder Bhutto. Aquino....
Und doch. Zu selten wurden, bzw.
werden sie daraufhin befragt. Ob ihre
Mütter, Schwestern, Freundinnen die
Gelegenheit hatten, Erfahrungen zu sammmeln.
Vor lauter Haushalt. Oder Mode von
Anfang an. Und weil die Männer einfach
keinen Bock hatten, so etwas zu machen.
Obwohl es eigentlich ja jemand machen
muß.
Arbeit macht müde. Viele Jobs
sind uninteressant. Rauben Frische und
Energie. Nein, sie denken nicht ans
Verändern. Ans Kandidieren.
Ans Aufstellen lassen. Konkurrenz unter Menschen....

Mon., June 22, 1992 - 11.45
(Auf E. Williams, gegenüber von Restaurant, Kirche)
Ganz in Gedanken.
Plötzlich hörte ich Stimmen.
Aber auf der Veranda saß niemand.
Und daneben stand wie immer der große
Müllcontainer. Kam da noch mal eine
Stimme.... Oder warf ich noch einen Blick, um
mich zu vergewissern....
------Da saß jemand, mitten im Müll.
Eingerahmt vom Deckel des Containers.
Ein schreckhaftes Bild. Ein Brustbild.
Das dunkle Gesicht. Die alten grauen Haare.
Vielleicht doch eine dunkle Mütze. Hatte er
eine Jeansjacke getragen....ein graues
T-shirt.
Im Müll und darauf!
Im Winter saß oft jemand auf den
Gittern, die am Rande des MLB in
den Boden eingelassen waren und aus
denen warme Luft herausströmte.
Oder damals in Paris, wo viele Leute
in Hauseingängen schliefen. Auch im
Sommer.
Jetzt haben wir Sommeranfang.
War es die herbstliche Kälte......war es
Hunger oder Schnapps, der ihn in den Müll
befördert oder vielleicht geleitet hatte.

German-English Dictionary

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Klaus Tappe

Klaus Tappe
E-mail: tappe02@hotmail.com