zus. einzelne Blätter - chronologisch eingefügt (**)
24.1.1989 - 10.09 PM
Eine Lüge ist es, ......eine Illusion falscher
Sicherheit, ja ein Diebstahl an den Personen
wenn versucht wird, ein Inventar aufzu-
stellen, eine Geschichte in Form von an-
einandergereihten Notizen über die Menschen,
die wir kennengelernt, oder eher getroffen
haben. Jene Eindrücke, als Urteile, bilden
nur einen kleinen Ausschnitt; weggelassen,
ungedacht blieb, was Tabu war. Schrei-
bende engagierten sich trotz Zensur für
manche Aspekte, ließen aus, was Leser füllen
mußten, doch erst größerer Abstand und
gewisse Einsichten in Einflüsse bei Auswahl,
in durch Macht gelenktes und beschränktes
Wissen erlauben es, das nur Angedeutete
aus- und weiterzuführen, zu befragen, beim
Bahnwärter, vielleicht beim Neffen (auch dort?
- in welcher Form oder eher welcher Art?) -
und wohin paßt hier der Clown (oder war er
gar keiner, eher ein Bettler oder eben nicht,
und dies blieb vielleicht verschwiegen?)
und in der Fahndung oder Reise zum Selbst
-2-
was wäre in die Lücken einzusetzen, als
vom Autor, von Disziplinen Vergessenes,
-- absichtlich, durch Bestimmung als Nebensäch-
liches, oder systematisch, Detail umd Detail?
Und ausgelassen, beziehungsweise durch
Einschlagen einer anderen Richtung als
ursprünglich geplant, nämlich, d.h. vielleicht,
beim Ausschnitt, die Fortführung des
Gedankens an Diebstahl und der Versuch,
diesem dauernd legal begangenen Einhalt
zu gebieten: jede Person kann viele Wege
begehen, vieles sein, für uns und ....oder
einfach für andere, das ständige Festlegen,
beim Beschreiben, auf einen Beruf, eine
Existenz, ... ein Schwanken zwischen Extremen
der geschlossenen Ichwelt einer Neurose und
der der vielfachen Offenheit der Schizo-
phrenie, Ich und Gesellschaft in ihren,
unseren Übergängen und Trennungen durch
undynamische Disziplinen. Heißt 'Festhalten
am Irdischen', bzw. 'Glauben an Irdisches' Auf-
geben einer rebellischen Haltung a la Dostojewski
-3-
da sonst unsere Existenz zerstört wird,
zersplittert von einer engstirnigen Umwelt,
ist es deren Druck, der den Autographischen(??)
Werken eines sogenannten 'Enfant terrible'
weniger Chaos, Spaltung und zerrissene Dialoge
erlaubt oder ist es eher, ein menschliches
Ich, ein Sozialwesen, das das erfahren hat
und braucht, was wir als Wärmebindung
für Körper und Geist und Seele verstehen,
und was eine engagierte Schriftstellerin
als 'Glauben an Irdisches' beschrieben
hat?
Sa., den 25.2.1989 6.20
Wie es uns so geht, wenn wir uns wieder
an die Arbeit machen wollen und ein Wort
genügt, der Seite, die wiedergegeben wird,
um sich zu situieren, im Text oder sollte
ich sagen, daß der andere Wunsch, jener
Komplex, der mich die letzten Tage so sehr
beschäftigt, meine Gedanken und Sinne
fesselt, meine Schritte mitlenkt, die Arbeit
als Grund mit dem Wunsche verbindend...
(die Bilder zurückruft,.....)
ein Traum - so weit ist es, da ist es,
Id oder Bewußtsein und wie immer mit
dabei im Konzert das 'Über' dem Ich
wachende oder .... in diesem speziellen Denken,
bzw. Sein mit vielen Banden, die alle
verknüpfen, in einige Richtungen blasen
und magnetisch rufen: leider ist der
Traum verschwunden, ins abwesende zurück-
geholt, oder - geschickt. Ruhig, gelassen
schien die Biographie im Traume präsent,
und Verlangen in der Form beteiligt, wie es
zum äußeren, herzlichen und aufrichtigen
Kommunizieren geboten scheint.
Sa., den 25.2.1989 -1.33 AM**
Übersicht - wohin verschwindet sie dauernd,
nur selten erscheint ein Licht, ein Ruhemoment,
in dem Klarheit herrscht.
-----Meist mitten im Gewühl, im Waten durch
Worte, mit denen jemand spielt, wie jetzt, wo
in einem Teil meines Kopfes vielleicht in biochemischen
Zellen viele Gedankenteile auf zufälligen Abruf
warten, zufällig....willentlich...ist es wirklich
nur Abstand, oder Unmöglichkeit des Materials,
leistet es den ihm eigenen Widerstand?
-----Heißt es kühlen Kopf bewahren, rational vorgehen,
sich sagen, daß es die Aufgabe einer anderen Person
ist. Sollte es um einen im Kreis verteilt werden,
hierarchisch, sollte ein Glas Wein helfen, den Ernst
zu verringern, der Theorie den Biß nehmen, verleihen
.....und die Texte entfernen. semantische Instruktionen
aufstellen danach, formal vorgehen, die 'Empathy'
weglassen, tritt hier schon ein Kreislauf ein...
sollte ein Mathematiker imitiert werden, der am
Tisch in einer Kneipe mögliche Kombinationen durch-
spielte, Regeln aufstellte....sich locker konzentrierte?
Notizen ordnen, die vielen Zitate überfliegen, eigene
Anmerkungen auswendiglernen. Was ist notwendig?
Die gewählten Texte noch einmal lesen, ....Entscheidungen
-2-
in Bezug auf Einteilungen zu treffen... noch schnell
den einen Artikel und den Forschungsband durch-
sprinten, -laufen und nicht deren Grund zu
erreichen versuchen.
----------------------------Während die Welt zur Zeit
Khomeinys Mordbefehl zu beseitigen trachtet und
die Unmengen widersprüchlicher Wertvorstellungen,
die zuvor verdrängt, deren Kompromiß im Unbewußten
dauernd erzwungen werden mußte. Unreflektiert,
nicht-gedacht, oder einfach nicht ausgewählt beim
Komponieren des sogenannten Texts. Zu stellen
bleibt hier die Frage, wohin sich Kritiker, sprich
Leser, orientieren könnten. Wege zeigen, testen,
vorausgehen.
*********************************
Mon., den 27.2.1989 - 11.28**
Da saß ich, stundenlang, den Kopf auf
das Buch gerichtet, von Zeit zu Zeit durch
Schritte im Flur aufgeweckt, aus der Welt
der Forschung über Ingeborg Bachmann.
Im Schlafe des Denkens oder beim Auf-
gewecktwerden - wann fand ein Beziehen
von Teilen aufeinander statt? Welche
Wirkung hatte die Konzentration auf
Subjektivität und Innerlichkeit - ein
mehr an Sprechen denn an Zuhören, als
dem Versuch zu gestatten, sich zu formu-
lieren.(?) Und ab und zu ein Funkeln,
oder eher das Wahrnehmen der Möglich-
keit mit Fragen nach der Form des Abwesenden
im Daseienden. Welches Zeichen war das
gemeinte, die Instruktion zum Lesen und
Schreiben von Text? Wie können die ver-
schiedenen Texte aufeinander bezogen werden
- die sogenannten Primärtexte und die
Literaturkritik oder -geschichte .... und
der jetzt hier sitzende Leser?
-----Das andere Thema - wie sehr konnte
es integriert werden, es und die getrennten
Gedanken, Wege und Bilder, die sich ändern,
deren Flächen sich verschieben, während
das Gesagte in seiner Beziehung zum Verschwie-
genen, Unbewußten, vielleicht nur teilweise
(Ende fehlt!)
***********************************
Di., den 28.2.1989 -0.05**
Ja, so richtig Durst wir entwickeln, nach-
dem wir auf den Geschmack gekommen
sind, mehr und mehr möchten wir davon trinken,
von der Flüssigkeit, die uns Leben einflößt,
in Form von Worten, Gesten und Kontakten.
Mit allen Sinnen wollen wir es aufnehmen,
uns durchtränken lassen, darin baden,
weitaus angenehmer noch als Duschen,
ein Vollbad mit angenehmen Parfüms(??),
magnetisch unsere Schritte es lenkt, zurück zur
Quelle, die an verschiedenen Orten zu treffen
ist.
-----Da spricht in mir etwas, klopft an
und mahnt, denk' an Deine Erfahrungen,
vergleiche, trink langsam, trink mal etwas
anderes, vieles würzt unsere Sinne: ein Glas
heiße Schokolade im Espresso Royale, ein
herzhaftes Lachen, ein bedächtiges Zuhören mit
Schmunzeln; daneben Erinnerungen an zynische,
von Lächeln begleitete Bemerkungen, vermischt mit
anderen Lifestyles; und oben bläst der Venti-
lator kühle Luft, die eigentlich draußen
bleiben, bzw. sein sollte. Schwarz scheint in
zu sein, noch immer, diesmal vierfach verstärkt,
in mancherlei Konturen; bekannte Gesichter mit
in vielerlei Richtungen unbekannten Wünschen. Bilder springen
zurück, d.h. kommen von dort, mikroskopisch kleine
oder andere Gestalten, Eindrücke gesellen sich
-2-
hinzu: Prost sagt es, Tassen klingen wie
Gläser, genüßlich der Gaumen es aufnimmt,
es schmeckt so herzerfrischend;
manchmal allerdings steht die Ampel
auf Gelb, heißt uns warten und fragen,
wie lange so ein Geschmack und Durst
wohl anhalten mag.
******************************
7.3.1989 - 10.30
Geboren: am 1.12.1968 in Crailsheim.
Zur Zeit: Aufenthalt in einer amerikanischen
Unversitätsstadt
Lebensziel: unbekannt
Es wird vermutet, daß sich soziale Interessen
durchgesetzt haben. Elternhaus, Schule und
Medien waren wohl erfolgreich. Dieser Mensch
scheint vollständig integriert worden zu sein.
Narzißtische Äußerungen halten sich in engen
Grenzen, materialistische Besitzwünsche sind
der Jeans tragenden Person nicht anzusehen.
Weder hochstilisierte Frisur noch Jogging T-shirts
und die Abwesenheit von BMW und Nickel-
brille sind als weitere Details festzuhalten.
Sie sind kurzgesagt in ihrem Leben nicht
präsent, sie mögen allerdings hier und da
durch andere Bekannte ihren Einzug gehalten
haben oder es bald tun.
-----Es ist kalt hier in diesem Raum, nicht
so gemütlich wie in einem der zur Zeit von
Studenten überlaufenen Touristen- oder Sonnennestern.
Sie wissen schon, welche Orte ich meine.
-----Gestern Morgen erinnerte sich das oben ein-
geführte Subjekt an einen verregneten Montag-
-2-
morgen vor 11/2 Jahren. Es war im Hochsommer,
im Fernsehen - das soll eine Ausnahme gewesen
sein, so früh am Morgen - lief eine Wieder-
holung der Nachrichten vom Vorabend.
Der Reporter, auf den sie sich beruft, soll
mindestens 20 Minuten lang die Gesichts-
züge einer namhaften Person,
bzw. ihren Ausdruck, ihren nur von Zeit
zu Zeit wechselnden, analysiert haben. Sie
habe es faszinierend gefunden, was da alles
zum Vorschein kam, vom verlernten, ehemals
antrainierten Beherrschen, je nach Situation, von
Ausdrücken, deren Echtheit, d.h. Übereinstimmung
von Wort und Ton, nur den Kennern und sehr
aufmerksamen Betrachtern einige Doppel- und Mehr-
deutigkeiten verriet. - Dieser Fernsehbericht
und nichts anderes habe, so die historische
Augenzeugin, sie dazu gebracht, alles, im wahr-
sten Sinne des Wortes, alles in Bewegung zu
setzen, um einmal von jenseits des großen
Wassers eine Überprüfung der Wirkung dieser
rätselhaften, für oberflächliche Betrachter,
Mienenakrobatik und oft ihr Gegenteil, das
fast unbemerkt mitablief, mit eigenen Kriterien
vorzunehmen.
------------------Hier im Lande angekommen, habe
-3-
sie es, nach eigenen Angaben, nur 3 Wochen
vor dem Bildschirm ausgehalten. In Tübingen,
dort hatte sie, das wäre an dieser Stelle noch nachzutragen,
die Analyse des sich in Deutschland, genauer
gesagt in Bonn, befindenden Reporters verfolgt.
Dieser wiederum hatte zu bestimmten Zeiten
Reportagen aus Amerika, aus dem dortigen Fernseh-
programm, als Spiegel mit eingeblendet. Ein Wechsel
des Standorts, den die neugierige Person vor-
nahm. 3 Wochen mit dieser Perspektive
und dann sei es soweit gewesen, der Flug zum
Aufenthaltsort der 'rätselhaften' Person.
Das weitere wissen Sie ja bereits:
-----Absteigen in einem Miniaturzimmer des
ermittelten Hotels, mitten in Georgetown, des neuen
Renommierviertels für Umsteiger. Allmorgendliches
Auftauchen am Tor für Bedienstete, mit echt
deutscher und schweizer 'Schokolade', die sie
dann an alle, an dem Ort arbeitenden verteil-
te. Kurzum, es war ihr nicht nah genug.
Beim vierten Besuch in Ronnies
und Nancys Schlafzimmer wurde sie ja schließlich, wie
bekannt, vom dort eingeschlafenen Präsidenten,
der plötzlich wachwurde, beim Studieren
des noblen Antlitzes, mit der Vidokamera
-4-
in der Hand, durch das rechte Auge erfaßt,
während das linke sich noch um Klarheit
bemühte: So nahe, habe er, so die Historikerin,
die angehende, noch keinen Journalisten oder
Mitarbeiter kommen lassen, nicht mal ....
Ollie; dieser Name sei ihm plötzlich aus-
gerutscht, Sie wissen ja, Freud soll immer
dabei sein. wenn etwas lange mühsam
unterdrücktes sich plötzlich Luft verschafft.
Und wissen Sie, woher ihr der Einfall
gekommen sein soll: von seiner langjährigen
Freundin Margret, d.h. eigentlich ihrer Repräsen-
tantin Anne, die ja auch schon mehrmals
Besucher in ihrem Schlafzimmer vorgefunden
habe. Und das Schlimmste soll sein, daß
sich das Weiße Haus nicht zu einer Straf-
verfolgung durchringen kann, obwohl die
erwähnte Person bereits zahlreiche Verträge
in Millionenhöhe unterschrieben und
sich damit ihre weitere Existenz
finanziell abgesichtert hat.
Kurios und noch viel mehr wäre es, wenn
Khomeinys Sohn und Präsident Reagan sich wirklich einen
Löwenanteil für den Vertrieb der 'Satanischen
Verse' , bzw. der Memoiren des Einstiegs und der
Nahanalysen gesichert hätten.?
...................................
Mon., d. 3.4.1989 -1.00
Details des täglichen Lebens: kennen
tun sie nur die dran beteiligten, die
Teilnehmer an Ehen, z.B., aber auch die,
die Bekannte, Mitarbeiter, Freunde usw.
häufig und länger um sich haben,
fraglich bleibt allerdings, wie sehr,
wie intensiv und dynamisch, nicht nur
im Auf und Ab, sondern in langsamer
Entwicklung, von negativem bis positivem
Pol, mal hie, mal da, überraschend,
bekannt, nicht gemocht, in Bezug auf
Würze oder Parfüm; wie fest gräbt sich
ein, das nicht-zum-gewünschten-Bild-
gehörige,...es auszuhalten ist einfacher, wenn
nur fast punktuelle Begegnungen und
gemeinsame Momente bei beherrschten
sonstigen Attitüden und anderen Seiten
die gegenseitigen Gefühle prägen;
ist es eine größere gemeinsame Grundlage
oder eine stärkere Übereinstimmung
oder Leben mit genügender Anwesenehits-
abstinenz, die Beziehugen zwischen Bekannten
oder Freunden oder: 'Ehe'-Partnern dauern lassen.
-2-
Aushalten, sich beherrschen, kontrollieren -
aber nur, wenn eine wärmende
Fröhlichkeit das Ganze würzen tut.
Samstag, d. 15.4.1989 22.19
25 Jahre in Ann Arbor, weit über 10
dauert schon der Brunch, wenn die
Tage dazwischen, um die Samstage, nur
als Unterbrechung betrachtet werden,
fast 5 Jahre soll ein Cafe namens
Marks, Marx oder so ähnlich existiert
haben..... und es sind noch so manche,
die das neue, populäre noch nicht betreten
und sich dem Appetit des Ganzen nicht
verschrieben haben. Verlangen nach einem
Sitz - oder vielmehr Sehplatz dort, ein
Ort, an dem sich Bekannte unterschiedlichster
Betätigungen treffen können, zufällig und
weniger,... allein über ein Buch gebeugt,
Kursnotizen, Prof oder Student und Über-
gänge, jemand wartet, jemand kommt
hinzu, ist dieser Stuhl noch frei Nein dieser
ja, bitte ich brauche nicht viel Platz,
sie grüßen sich, ein Kopf nickt, ein anderer
empfängt und antwortet, es wird laut,
gar mancherlei Höhenlagen,...kühler Wind
wirkt unangenehm, die Tür steht nicht offen
-2-
das riesige Schaufenster läßt keine Lüfte
ein- und ausdringen, die Zeit, Ventilatoren
und ....rauchende Zeitgenossen ins hintere
Abteil verbannt, es sei denn, daß der Wunsch
nach Licht, nach Aktivität des Tages und
auf und abwandernden Gestalten, im
Kino-, Fernseh- und Theaterstil, die soge-
nannte Oberhand behält und die Zigarette
in Etui und Schachtel. Beziehungsfragen
und Theorie, auf Abstand gehen zu Akade-
mia und doch mitten drin, Wortwahl, Wahl
des Wählens, jemand, der wenige kennt,
kann sich entfernen, Papier vor sich und
Umwelt in mittlerer Einstellung, versunken,
tätig, beobachten, Eindrücke sammeln,
die gehen, wer weiß wohin und kommen,
wenn mit etwas Bewußtsein sie aufgenommen
worden waren. Beobachten des Wirkens,
abpassen, wann die Eindrücke wiederauf-
tauchen.
Di., d. 2.Mai 1989 -12.23
Auf dem Rasen spielte Deutschland gegen
Holland, auf den Rängen sang das Bier
anwesend sollen Niederländer, Deutsche
und Sonstige gewesen sein. Dabei waren
auch Eindrücke von wilden Szenen, die
von den Medien eingefangen und in den
folgenden Wochen des Öfteren einem
hungrigen, empörten und nur wenig gleich-
gültigen Zuschauergrüpplein ( ?). Der Duft des
Abenteuers wehte durch das Stadion
und die Spannung des Duftes der großen
weiten Welt. Eindrücke trieben Gefühle
und umgekehrt. Gelesenes, mit den Ohren
Aufgeschnapptes, mit Fantasie gefüllte
Texte, gespeist aus vielen bunten
Quellen. Und auf einem anderen
Kontinent sucht sich etwas Sehnsucht
längst vergeßne Bilder; malt neue
und erlebt eine neue Realität, frischt
Gewohnheiten auf oder beschwingt sie.
Abenteuer sollen passe sein, während
der Wunsch nach Wahrnehmung unseres
Seins unsere Sinne gekitzelt sehen möchte.
Mittwoch, d. 3.Mai, 11.40-11.53
Ein Wochentag, sauber stehen vereinzelte
Tische einladend im Cafe, ein klein wenig
Ruhe inmitten gar mancher Tätigkeiten
einer (Student) und eine (Studentin) studieren Französisch,
vielleicht verleiht ihnen die Athmosphäre
dieses Cafes ein bißchen Realität, ihnen
oder eher der Sprache, einen Hauch von
Echtheit, Gerüche und Inventar, das
Setting, gibt es ein Recht auf natio-
nale Ansprüche, mit wem spricht diese
Formulierung, wie hätte sie wohl auf
die zwei gewirkt, ... die eine plötzlich
müde, die andere im gleichen Auto
unterwegs...neben mir sie saßen - ver-
bunden auch durch zwei leere Gläser,
milchig gefärbt, und nicht nur Farbe,
nein der Stoff, aus dem der genossene
Inhalt gemixt, und eine süße Zutat,
unsichtbar, mit mitgeteilt, legte sich
um und über uns alle, die wir uns
überraschend, ja gerade zufällig, hier
trafen..., d.h. getroffen hatten.
Ohne Daten
Neue Eindrücke tun not, Freunde, nicht
nur gewohntes Sprechen, Abstand zum
lächelnden, blutenden Chaos. Unser
geöffneter Wunsch nach Wärme, schon vor
einigen Tagen präsent, heilt sich am
vertrauten Orte.
-----Darf es Abwesenheit genannt werden,
räumliche, visuelle und 'psychologische'
Entfernung, die benötigt wird, die da ist.
Hoffnung auf ein Schließen des Wunsches, auf
ein Wiedererklingen der gespielten Saiten,
einer Melodie, die wir gemeinsam
aus dem dynamischen Repertoire unserer
Sensibilität, unserer Einfühlsamkeit spielen
werden.
---------- Schnelle Vertrautheit im warmen Halb-
dunkel, kulturelles Umarmen, im Wunsch
nach einer gemeinsamen Sprache, deren
Anfang bereits vor 3 Jahren geschaffen,
beim Ausblick auf Vergangenheit, unbewußt
Utopie als Ungesagtes, unterschiedlich in
jenen Momenten beteiligt am Spiel der Sinne
-2-
der fühlende Blick ins Weite, vergeßne
Bilder durch ihre Erwähnung hervorgezaubert
ein spätes Tanzen im Blind Pig, verlängert
durch Duke Box und ein Trunk aus anderen
Reichen eine süße Würze schuf, vergessen
hier, fast klar in jener Erinnerung.
-----Visuelles Gedächtnis, ihr Einwand, daß wir
es halten, vorm Verschließen des Odems,
gespeist aus all diesen Momenten;
während die Ampel am Full Moon
das Schwimmen aus der Zeit regelte.
Rasche Trennung, voll ungefüllter,
noch leerer Stellen, Sekunden am Fern-
sprecher nicht ganz die Nähe des warmen
undeutlich klaren Dunkels erreichten.
*************************************
Di., den 9.Mai 1989 - 5.17**
Zum Beispiel: das Haus neben den 'Cleaners', das in diesem Augenblick
mit dem Gedanken über Text und Kontext, oder gezeigtes Bild und
verdeckte Ausschnitte in eine Beziehung tritt, im Moment nur in
meinem Kopf; zur Zeit wohnen Leute darin, für die es eine bestimmte
Bedeutung hat, also eine Art Konzentrationspunkt ihres Lebens darstellt,
aber auch für ihre Nachbarn existiert es als Teil ihrer Welt,
allerdings schon mit unterschiedlichem Wert und einer anderen
Wirkung, bzw. Präsenz. Und für mich: ist es einfach da und nichts
weiter. Ein Teil des Fensterausschnitts und sonst des Gesamtbildes
der Umgebung....
---------------------Und wenn ich mir jetzt vorstelle, daß ich jemanden
aus dem Haus kennenlerne, dann hieße das, daß das Bild, das
Leben davor und darin sich neu-konstellieren würde. Ein verändertes
mit anderer und zusätzlicher Information.
Eine seltsame Betrachtung? Was geschieht, wenn wir ähnliche,
zahlreiche, in und von sich verschieden lebenden Bedeutungskomplexe
denken, und zwar gleichzeitig? Für viele träte ein Schwindel ein,
oder Müdigekit und Strafe, etwas, was für alle möglich ist,
aber in solchen Momenten schreitet die Sprache ein, rückt den
in viele Richtungen ausbrechen wollenden Gedanken mit seinen Teil-
bildern auf Distanz, rettent die einfache(re?) Sicht, d.h. sie schafft
diese und alles (?) wird dem Gedächtnis einverleibt. Worte tauchten
auf, Gegenstände, Bilder, Gefühltes und Mögliches begibt sich in (die)
Abwesenheit, ins Gedächtnis und unser Kopf ist wieder frei.
***************************************************
Sa., den 13.5.1989 11.59**
(Anfang?)
aber nicht den Penny, der neben das Fahrrad fällt, und
nicht die dampfenden Boots, die trotz der Hitze die Eleganz
erhöhen. Jemand sieht sie, will jedoch den Porsche
nicht hören, nur das tolle Parfüm einatmen, die Fahrstuhl-
musik lächelnd einsammeln...ich lese die Daily, die anderen
Zeitungen, die mir unter die Augen kommen; die Flugblätter,
die Info, per Post versandt, aber nicht die Werbeprospekte,
aber ich sehe fern, die verschiedenen Nachrichtensendungen,
einige Filme; die Leute, die unbewußt im Fensterausschnitt,
von Bäumen sanft verdeckt, auf ihrem Weg weiterlaufen, selten
hüpfen, oft fahren, aber dann meist unsichtbar; auf meinem Pfad
dreht die Kamera sich nach links und rechts, oben und
unten, vor und zurück, autsch, der Laternenpfahl, die
Nachbarin lacht sich kaputt, vergißt, den trüben Morgen,
entscheidet sich in diesem Augenblick, bei der Zeitung
anzurufen, eigentlich das Telefon nur klingeln zu lassen, wie
damals, beim Spiel der Kinder, als zum Glücknicht massen-
weise das Essen bestellt wurde, für igendwelche, für überraschte
Glückspilze und zufriedene Lieferanten. Vergessen, diese Geschichten
lese ich nicht mehr, suche sie in derr Buchhandlung nicht;
überhöre die Slogans der Werbung, die ratenden Stimmen der
Umgebung, ich kenne sie ja, weiß, was sie zu sagen haben,
ach so manches könnte mein Gehirn wohl entbehren, ist
das vielleicht Freizeit, Erholung fern von allem, Ruhe, Lärm und
Info, Eindrücke, Anregungen: Frische klopft an, Spontis und
andere weigern sich, den Inforummel mitzumachen, sich zu Bürgern
verbilden zu lassen, sich die Köpfe voll süßen Müll werfen
zu lassen. Befreiende Leere, überraschtes Trepp Auf und Ab,
geregelter Lebensplan zum Tausch angeboten: eine Sekte, eine
heilende Gruppe, Jungs 'große Mutter', Freuds Vater. Der
gekrönte Präsident als Hofnarr alle Regierungsposten
übernimmt, sich mehr als vierteilt und innen von einem muntren Konzert
der Polyphonie überwältigt wird....Ach wie herrlich, entspannend,
während irgendwo im Ur-Wald der Regen Kohlköpfe und Büsche noch gedeihen läßt.
Bon appetit!
?
Ohne Daten
Viele Leute entscheiden sich jeden Tag, d.h. ihre Entscheidung
ist oft schon vorher gefallen, sie haben es halt vergessen,...
es sitzen gerade 15 Studenten im Klassenzimmer;
auf die Frage, ob sie heute Morgen eine Tageszeitung
gelesen hätten, kommt nur bei zweien eine
bejahende Antwort. Zur gleichen Zeit, in einem Bürogebäude,
unterhalten sich Jenny und Rita über die Cosby-Show, da sie
die Soaps nicht so lustig finden. Sie betrachten ihre Chefin,
die gerade die Videoaufzeichnungen der letzten Vorstands-
sitzung nach Ideen für Verbesserungen des Umsatzes
durchforstet. Die Chefin denkt daran, daß sie die Fernseh-
nachrichten der letzten Tage verpaßt hat. Was mag wohl
in Europa passiert sein., so kurz vor 1992...und
in Panama, auf dem Markt des schwarzen Goldes,
an der österreichisch-ungarischen Grenze und vielleicht auch
schon an der DDR-Grenze nach Ungarn? Oder der nach
Mexiko und in Peking? Stellen Sie sich mal vor, daß
jemand seinem Alltag solche Fragen zumutet, was heißt seinem, ihrem
Denken; ich stehe lieber morgens auf, dusche, frühstücke, räume
die Zeitungsreste, die in der Ecke liegenden Broschüren der
Kandidaten für den City Council und die auf dem Schreibtisch
sorgfältig geordneten Werbeprospekte in den Abfallcontainer und
steige ins Auto. Musik auf der Fahrt zur Arbeit; die trockenen Nach-
richten, diese Gespräche über die ärztliche Versorgung und
Tips für Reparaturen im Haus, die sind ja noch nützlich, aber
wissen Sie, so etwas ständig anzuhören, das nervt und
schafft Langeweile. Zuviel Ballast für meinen Kopf. Den
halte ich mir lieber frei .... den ganzen Tag über geht
doch das Telefon, die Stimmen springen hin und her,
der Schall fliegt einem dauernd um die Ohren.
Ach dieser Osaft tut so gut. Die anderen trinken alle
ihren Mokka, ihren Espresso, aber das Ich sieht sie nicht,
nimmt sie nicht auf, in den Blickkreis, ins Gedächtnis,
mal ein Poster hier und da.
******************************************
Klaus Tappe
E-mail: tappe02@hotmail.com